NEU_RECHT (GESETZGEBUNG FÜR KÜNSTLICHE INTELLIGENZEN)
Installation, "When Tekkno Turns to Sound of Poetry", Shedhalle Zürich, 1994, KunstWerke Berlin, 1995
NEU_RECHT ist der Entwurf für eine fiktive, zukünftige Gesetzgebung für potentielle "KÜNSTLICHE INTELLIGENZEN/WESEN/KORPORATIONEN". Mit Hilfe von Sprache werden virtuelle Denkbilder erzeugt, die Vorstellungen über mögliche und unmögliche künstliche Lebensformen an den Grenzübergängen heutiger Denkmuster imaginieren lassen. Mögliche Veränderungen des Menschen innerhalb einer von den so genannten "Neuen Technologien" beinflussten Gesellschaft sollen gedanklich vorweggenommen werden.

Eingangs steht ein rahmenloses Eisentor, das sich um die eigene Achse in alle Richtungen drehen lässt. Es verweigert sich eindeutigen Übergängen und stellt die Frage nach möglichen Veränderungen.

Auf der linken Seite der Installation hängen 25 doppelt verglaste Stahlrahmen mit Auszügen aus unterschiedlichen Gesetzestexten (Strafgesetzbuch, Bürgerliches Gesetzbuch, Grundgesetz, Wehrstrafgesetz, Tierschutzgesetz etc. ...). Sie werden überlagert von Diagrammen, welche Bezüge zwischen Begrifflichkeiten herstellen, die sich im Falle der Existenz zukünftiger artifizieller Lebewesen zwangsläufig verändern müssen (z.B physische Präsenz, Anwesenheit, Lokalität, Eigentum, Strafe, Tod, Leben, Freiheit...).

Auf der rechten Seite befinden sich weitere 25 Rahmen, von denen der erste das NEU_GESETZ enthält. Die anderen 24 Rahmen sind leer. NEU_GESETZ besteht im Wesentlichen aus dem Gleichberechtigungspostulat, das die Gleichstellung von natürlichen und künstlichen Intelligenzen behauptet. Wie sich dies im Einzelnen auswirkt, bleibt der Interpretation jedes Einzelnen überlassen, was den Betrachter an die Grenzen seiner eigenen Denkmuster und gängiger Vorstellungen bringt.

An der Stirnseite hängen 3 Rahmen mit Diagrammen und potentiellen Transformationen. Rahmen 1 enthält eine Aufschlüsselung der aktuellen Gesetzgebung in Personen- und Sachrecht mit Angaben zur Rechts- und Geschäftsfähigkeit sowie Hinweise über einschneidende Gesetzesänderungen in der Vergangenheit (Abschaffung der Sklaverei, Gleichstellung der Frau, Veränderung des Rechtsstatus von Tieren ...). Rahmen 2 visualisiert die Domestikationsbeziehungen zwischen Pflanzen, Tieren, Menschen und Künstlichen Intelligenzen. Rahmen 3 beschreibt mögliche Transformationen Künstlicher Intelligenzen hinsichtlich ihrer Rechtsstellung. Die fiktiven Transformationen basieren auf bereits vollzogenen realen Gesetzesänderungen (Veränderung der Rechtsstellung der Frau, des Kindes, Sklaven, Tieren) und folgen deren vollzogener Logik: Aufstieg innerhalb des Sachrechts zu einer Sache mit besonderen Rechten, den Wechsel vom Sach- ins Personenrecht, den Aufstieg innerhalb des Personenrechts mit eingeschränkter Rechts- und Geschäftsfähigkeit zum gleichberechtigten Inhaber aller Rechte.

Inmitten der Installation hängen 21 Stahlrahmen, angeordnet in Form eines Dreiecks. Leere Bildrahmen, versehen mit Abbildungsnachweisen und Bildbeschreibungen von Bestrafungsvorgängen verweisen auf das Fehlen von Bildern. Die Bilduntertitel beschreiben Bestrafungsmethoden aus der Vergangenheit, durchmischt von Bestrafungsvorgängen die hätten passiert sein können, sowie Strafen, die es möglicherweise zukünftig geben könnte.

NEU_RECHT ist ein Entbilderungsvorgang mit der Absicht, dem Betrachter seinen inneren Bildsedimente bewusst zu machen. Die Platzhalter aktivieren im Betrachter fest verankerten Bilder und provozieren diesen, die Leerstellen mit neuen zu füllen. Wie sich dies im Einzelnen auswirkt, bleibt der Interpretation jedes Einzelnen überlassen. Der Betrachter gerät an die Grenzen seiner eigenen Denkmuster und gängiger Vorstellungen mit der Option, diese zu überschreiten.

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